15. November 2023 10 Minuten Lesezeit

Modelle der Organisationsgestaltung, die Sie kennen sollten

Themenserie – Teil 1

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Bis vor etwa 20 Jahren wurden Unternehmen alle paar Jahre oder sogar Jahrzehnte organisatorisch umgestaltet. Die meisten Führungskräfte machten diese Erfahrung lediglich ein paar Mal in ihrer Laufbahn. Die Automatisierung und der Wettbewerbsdruck haben jedoch begonnen, das Tempo des organisatorischen Wandels zu beschleunigen.

Um das Jahr 2015 herum ist der organisatorische Wandel zu einem Lifestyle geworden. Eine McKinsey-Studie hat in diesem Kontext ergeben, dass sich 60 Prozent der Unternehmen innerhalb der letzten zwei Jahre umgestaltet hatten. Weitere 25 Prozent hatten dies bereits vor drei oder mehr Jahren getan. Dann schlug die Pandemie 2020 zu und erzwang massive Veränderungen. Die meisten Unternehmen erlebten in wenigen Monaten Umbrüche, die früher normalerweise ein Jahrzehnt in Anspruch genommen hätten.

Früher hatten wir Zeit, uns auf eine Veränderung einzustellen, bevor die nächste einsetzte, aber die erfolgreichen Unternehmen von heute haben den Wandel als Basis für ihr Handeln angenommen. Dabei geht es bildlich gesprochen, nicht darum, lediglich die Möbel in der Wohnung umzustellen. Die neuen Gegebenheiten verändern die Art und Weise, wie wir arbeiten, völlig.

Es stimmt teilweise, dass Unternehmen nur darauf hoffen, zu überleben. Sie warten darauf, dass die Bedingungen von vor der Pandemie wiederkehren. Die erfolgreichsten Unternehmen hingegen setzen neue Organisationsmodelle ein, die den Wandel antizipieren und sich ihm stellen, indem sie ihre Arbeitsweise flexibel ändern.

In dieser neuen Serie von Blogartikeln befassen wir uns daher mit den traditionellen Organisationsmodellen und der Frage, wie sie eingesetzt wurden, um Strukturen und Abläufe an den Unternehmensstrategien auszurichten. Wir werden zeigen, wie diese Modelle immer noch als Diagnoseinstrumente dienen können, um zu verstehen, wo verschiedene organisatorische Faktoren aus dem Gleichgewicht geraten können.

Anschließend wird im zweiten Blogbeitrag der Serie gezeigt, wie Organisationen von statischen Modellen zur Diagnose und Ausrichtung zu flexiblen Modellen übergegangen sind, die ihnen helfen, sich an den kontinuierlichen, dynamischen Wandel anzupassen. Vor diesem Hintergrund betrachten wir in Teil 3 unserer Serie zwei experimentelle Organisationsmodelle und vergleichen sie mit dem etablierten flexiblen Organisationsmodell.

    Die diagnostischen Modelle

    Die meisten der heute bekannten Organisationsmodelle wurden in den 70er und 80er Jahren entwickelt. Ihre Schöpfer wollten die Organisationen von den hierarchischen Modellen des Industriezeitalters auf flachere, reaktionsfähigere Strukturen umstellen. So haben Organisationen unterschiedliche Prioritäten und Herausforderungen bei der Organisationsgestaltung. Ein Verständnis der traditionellen Organisationsdesignmodelle kann dabei helfen, die richtigen Werkzeuge für die Diagnose und Veränderung von Betriebsmodellen auszuwählen.

    Das 7S-Gestaltungsmodell von McKinsey

    Das wohl bekannteste und am häufigsten verwendete Gestaltungsmodell ist das McKinsey-Modell.
    Sein Ziel ist es, die organisatorische Effektivität durch die Wechselwirkungen von sieben Schlüsselelementen zu analysieren. Dies geschieht nicht, indem man ein einzelnes Element untersucht oder es nur in Bezug auf die Strategie betrachtet, sondern indem man es in seiner Gesamtheit ausbalanciert und aufeinander abstimmt.

    Betrachten wir zunächst zu die „harten“ Elemente Struktur, Strategie und Systeme:

    01

    Strategy

    Die Strategie legt fest, wie sich das Unternehmen auf dem Markt behaupten will.
    02

    Structure

    Die Struktur ist die Art und Weise, wie es die Geschäftsfunktionen organisiert, was sich im Organigramm widerspiegelt.
    03

    Systems

    Systeme sind der Entscheidungsrahmen, die Prozesse und Verfahren, die bestimmen, wie das Unternehmen Geschäfte macht.

    Diese Elemente sind leichter zu handhaben als die „weichen“ Elemente. Hierzu gehören Fertigkeiten, Personal, Stil und gemeinsame Werte:

    01

    Skills

    Fertigkeiten betreffen die Leistungsfähigkeit des Unternehmens, die in der Regel in einem Kompetenzrahmen definiert wird, der sie von den Kompetenzen des Unternehmens auf die Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten des Einzelnen herunterbricht, sowie die Analytik zu deren Verwaltung.
    02

    Staff

    Personal ist die Form der Belegschaft und wie sie geführt wird. Dabei geht es beispielsweise auch um Ausbildung, Personalbeschaffung und Belohnungssysteme.
    03

    Style

    Stil bezieht sich auf die Art und Weise, wie Führungskräfte die Organisation leiten, und auf den symbolischen Wert, den sie den Interessengruppen vermitteln.
    04

    Shared Values

    Gemeinsame Werte sind die Normen und Standards, die das Verhalten auf allen Ebenen der Organisation leiten und somit den Kern des 7er-Modells bilden.

    Vorteile des 7S-Modells

    Der Wert des McKinsey-Modells liegt in der Ausgewogenheit der kritischen Elemente, anstatt sich nur auf Strategie und Struktur zu konzentrieren.
    Es kann bei Fusionen und Übernahmen von Vorteil sein, um funktionale Elemente und Prozesse zusammenzuführen.
    7S hilft auch bei der Anwendung von Richtlinien, Vorschriften und Strategien, die von Unternehmenslenkern formuliert wurden.
    Man kann das Modell zur Entwicklung von Analysen nutzen, um die Auswirkungen von Veränderungen zu messen.

    Nachteile des 7S-Modells

    Das McKinsey-Modell enthält keinen Aktionsplan für das Veränderungsmanagement. Es handelt sich um eine statische Analyse des Gleichgewichts aller Organisationselemente.
    Es wird teilweise kritisiert, dass es nach innen gerichtet ist und externe Faktoren nicht berücksichtigt. Die Formulierung einer Strategie schließt jedoch per Definition die Analyse externer Faktoren ein.
    Das Modell erklärt nicht ausdrücklich die organisatorische Effektivität oder Leistung.

    Das 7S-Modell wurde dafür kritisiert, dass es nicht spezifisch genug ist, um Lücken in der Strategie oder der Ausführung zu identifizieren. Wir sollten bedenken, dass McKinsey, wie auch andere Beratungsunternehmen, seine Modelle als Rahmen für die Beratung zur Organisationsgestaltung entwickelt hat. Es ist also zu bezweifeln, dass die ursprüngliche Absicht etwas mit dem Do-it-yourself-Organisationswandel zu tun hatte.

    Das Jay Galbraiths Star Model

    Das Star Model ist ein Rahmen für die Beeinflussung des Verhaltens von Mitarbeitenden durch eine Reihe von Gestaltungsrichtlinien, die vom Management kontrolliert werden können. Hierzu gehören:

    Die Strategie
    Die Strategie bestimmt die Ziele, Werte und Aufgaben sowie die Grundausrichtung des Unternehmens. Sie legt die Kriterien für die Wahl zwischen alternativen Organisationsformen fest, damit die Strategen die relative Bedeutung der Aktivitäten bestimmen können.

    Die Struktur
    Die Struktur bestimmt, wo Macht und Autorität in der Organisation liegen, basierend auf einer Analyse von vier Bereichen:

    • Die Spezialisierung bezieht sich auf die für die Ausführung der Arbeit erforderlichen Fachgebiete.
    • Die Form beschreibt die Anzahl der Personen in den Organisationseinheiten oder die Kontrollspanne auf jeder Ebene.
    • Die Machtverteilung kann vertikal sein, d.h. sie bestimmt, wie flach oder hierarchisch die Organisation ist; sie kann auch lateral sein, d.h. sie bezieht sich auf die Verlagerung der Macht auf eine Abteilung, die sich mit kritischen Fragen befasst.
    • Unter Abteilungsbildung versteht man die Etablierung von Organisationseinheiten auf der Grundlage von Funktionen, Arbeitsabläufen, Märkten, Kunden und geografischen Aspekten.

    Die Prozesse
    Unter Prozessen versteht man den Informationsfluss und die Entscheidungsprozesse innerhalb der Organisationsstruktur. Vertikale Prozesse dienen der Zuweisung von Mitteln und Talenten, während horizontale (laterale) Prozesse den Arbeitsablauf darstellen.

    Die Belohnungen
    Belohnungen richten die Ziele der Mitarbeitenden auf die Ziele der Organisation aus. Dazu müssen sie mit den anderen Gestaltungskomponenten in Einklang gebracht werden.

    Die Mitarbeitenden
    Der Begriff Mitarbeitende bezieht sich auf die Ausrichtung der Personalpolitik und -funktionen auf die Entwicklung der Mitarbeitenden und der organisatorischen Fähigkeiten.

    Vorteile des Star-Modells

    Galbraith stützt sein Modell mit einer umfangreichen Sammlung von Büchern und Leitfäden.
    Das Modell ermöglicht eine detaillierte Beschreibung der Elemente und ihrer Interaktion untereinander.

    Nachteile des Star-Modells

    Es geht nicht auf Kultur und Zweck als Motivationsfaktoren ein. Stattdessen stützt es sich auf einen scheinbar pawlowschen Ansatz zur menschlichen Motivation.
    Das Modell enthält keine Inputs und Outputs.

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    Das Sechs-Boxen-Modell von Weisbord

    Das 1976 vorgestellte Modell von Marvin Weisbord geht auf seine Arbeit an einem „Arbeitsinstrument, das jeder benutzen kann“ zurück. Er schrieb in diesem Zusammenhang, dass es ihm half, seinen diagnostischen Rahmen „von zwischenmenschlichen und Gruppenproblemen auf die komplizierteren Zusammenhänge auszuweiten, in denen Organisationen geführt werden“.

    Indem er sich die sechs Elemente als Punkte auf einem Radarbildschirm vorstellt, zeigt er, wie man die Beziehungen verwaltet, so wie Fluglotsen mit der Entfernung, Höhe und Geschwindigkeit von Flugzeugen umgehen.

    Wie andere Modelle zur Organisationsgestaltung ist auch das Six-Box-Modell ein Diagnosewerkzeug, das dazu dient, Beziehungen zu verstehen und Elemente auszugleichen.

    01

    Zweck

    In welchem „Geschäft“ ist das Unternehmen tätig?
    02

    Struktur

    Wie wird die Arbeit aufgeteilt?
    03

    Beziehungen

    Wie wird intern mit Konflikten umgegangen (Koordinierung zwischen Menschen? Mit welchen Technologien?)
    04

    Belohnungen

    Gibt es einen Anreiz dafür, alles zu tun, was getan werden muss?
    05

    Führung

    Hält jemand die „Boxen“ im Gleichgewicht?
    06

    Hilfreiche Mechanismen

    Verfügt das Unternehmen über angemessene Koordinierungstechnologien?

    Der Ansatz von Weisbord ist dem von Galbraith ähnlich. Beide können als Diagnoseinstrumente hilfreich sein. Wie Galbraith unterstützt auch Weisbord die Anwendung seiner Modelle durch eine umfangreiche Sammlung von Schriften und Leitfäden.

    Vorteile des Sechs-Boxen-Modells

    Untersucht Informationen und Input aus internen und externen Quellen.
    Analysiert die Kommunikationsstrukturen, um Informationen effektiv zu verarbeiten.
    Jede Box beginnt die Diskussion mit diagnostischen Fragen, um die Analyse einzugrenzen.
    Es startet mit dem Zweck, der sich in späteren Modellen als entscheidend erwiesen hat.

    Nachteile des Sechs-Boxen-Modells

    Das Modell scheint nicht ausgewogen zu sein, was die Gefahr birgt, sich zu sehr auf einige Elemente auf Kosten anderer zu konzentrieren.

    Mit der Weiterentwicklung der Praxis und der Methoden des Organisationsdesigns hat sich der Schwerpunkt mehr auf das Management erfolgreicher Veränderungen als auf die Diagnose gelegt. Aus diesem Grund stellen wir in Teil 2 unserer Serie die Transformationsmodelle als Evolutionsstufe im Detail vor.

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